Haushaltsrede der Fraktionsvorsitzenden Cornelia Müller-Dieker

Haushaltsrede der FDP-Fraktionsvorsitzenden Cornelia Müller-Dieker – 16.11.2015

-es gilt das gesprochene Wort-

 

Sehr geehrter Herr Bürgermeister,

verehrte Kolleginnen und Kollegen des Rates,

sehr geehrte Damen und Herren,

am 30.September d.J. titelte das Mindener Tageblatt auf der Porta Westfalica Seite:

Heißer Herbst – „Die Politiker sind nach der Präsentation des Haushaltsentwurfes um eine ernüchternde Erkenntnis reicher, die eingeplante Steuererhöhung reicht nicht aus, es fehlen 2,8 Mio Euro.

Die 2. Schlagzeile auf dieser Seite lautete „Sportplatz Mitte 2016 bespielbar“

Neue Anlage wird für Schul- und Vereinssport erstellt.

Moment mal! Wie geht das zusammen fragen sich viele Bürger??

Jetzt möchte ich nicht, meine sehr verehrten Damen und Herren, die alte Leier aus vergangenen Jahren wieder spielen , den von Ihnen allen beschlossenen Bau der Außensportanlage zu kritisieren.

Ja, auch die FDP –Fraktion bekennt sich zu dem guten Bildungsauftrag den unsere Gesamtschule für diese Stadt ausfüllt. Aber auch hier wäre die kleine Lösung, die finanziell vernünftigere gewesen.

Gerade an diesem Beispiel zeigt sich das Dilemma der vergangenen 43 Jahre auf.

Trotz Steuereinnahmen, um die uns Kommunen in unserem Umkreis beneiden, ist es nicht gelungen, das strukturelle Defizit gegen Null zu fahren.

Immer gab es noch einen Topf, der irgendwie angezapft wurde, oder eben eine Kuh, wie die Gewerbesteuer, die noch ein bisschen mehr Geld hergab, als im Vorfeld eingeplant wurde.

Und nur so konnte auch immer wieder das Prinzip Hoffnung genährt werden, was Sie, sehr verehrter Herr Kollege Rahnenführer in Ihrer Haushaltsrede am 25.11.2013 gerade rechtzeitig zur Kommunalwahl kommuniziert haben. Gern zitiere ich: Und das wichtigste meine Damen und Herren: keine Steuererhöhungen für den Haushalt 2014! Wenn sich die Rahmenbedingungen von außen nicht ändern, werden wir auch im Jahr 2016 die geplante schwarze Null ohne Steuererhöhung hinbekommen.

Ganz ehrlich, Herr Kollege, da fiel mir nur Goethes Faust ein: die Botschaft hör ich wohl, allein mir fehlt der Glaube.

Und auch, der von mir sehr geschätzte Kollege Friedrich Vogt damals Vorsitzender der Fraktion Bündnis 90/ die Grünen erklärte am 11.6.2012 an dieser Stelle ich zitiere: „Wir, werden über die hier und heute zu beschließenden Steuererhöhungen keiner weiteren Erhöhung zustimmen.“

Bestand haben leider beide Aussagen nicht gehabt, wie wir heute feststellen müssen.

Naiv ist auch die FDP Fraktion nicht, uns ist klar, dass ein Haushaltsausgleich in unserer Situation nicht ohne Steuererhöhungen möglich ist. Aber keinem Bürger ist es verständlich zu machen, dass eine Investition, die sicherlich wünschenswert, aber keinesfalls in dieser Größenordnung notwendig gewesen wäre, durchgeführt wird, und zudem politische Posten installiert werden, auch deren Notwendigkeit bei näherer Betrachtung hinterfragt werden muss.

Das Dinge wie z.B. die Flüchtlingsproblematik in der jetzigen Dimension für uns alle unvorstellbar waren, ist unstreitig .Diese Aufgabe zu bewältigen wird uns in Zukunft nicht nur mit man-power sondern auch monetär fordern. Nichtdestotrotz lehnen wir die kreditfinanzierte Investition in einen Neubau ab, da immer fraktionsübergreifend   über den Leerstand bei Altimmobilien geklagt wurde. Außerdem hat man sich bemüht, gerade wegen des Bewirtschaftungs–und Unterhaltungsaufwandes den städtischen Immobilienbesitz zurück zu fahren. Darum ist es für viele schwer nachvollziehbar, dass bei der schwierigen Kassenlage 1,2 Mio € in den Wohnungsbau investiert wird.

Im Gegensatz dazu befürworten wir ausdrücklich die Investitionen im Bildungsbereich, um unsere Portaner Schullandschaft zukunftsfähig aufzustellen.

Wichtig ist in diesem Zusammenhang aber auch die energetische Betrachtung der Liegenschaften, gerade hier gibt es aus unserer Sicht noch ein großes Einsparpotential.

Wir erkennen an, dass Sie, sehr verehrter Herr Bürgermeister, nachfolgend Ihres Amtsvorgängers Stephan Böhme bemüht sind, diese Verwaltung und diese Stadt neu zu organisieren. Aber auch hier gab es Grenzen. So ist ein Großteil des Defizitabbaus den gestiegenen Steuereinnahmen und nicht der Senkung der Ausgaben zu verdanken.

Als Beispiel: bei den Elternbeiträgen für die Kitas wurde eine jährliche Steigerung um 1,5% beschlossen, wohl wissend, dass ein großer Teil dieser Summe durch den Verwaltungsaufwand gleich wieder aufgefressen wird. Unserem Vorschlag eine soziale Komponente einzuführen mit einer einmaligen Erhöhung wurde leider nicht gefolgt.

Sehr geehrte Ratskollegen, was nützt denn den jungen Familien eine Entlastung bei den Kindergartenbeiträgen und den Kosten im offenen Ganztag, , wenn dann wiederum eine Grundsteuererhöhung durchgängig über die kommenden Jahre gerade auch diese Familien belastet?

Und wie wiederum erklären Sie dieses ganze Desaster und die Steuerhöhung um 161 Punkte bei der Grundsteuer unseren älteren Mitbürgern?

Wie viele müssen aus dieser Generation mit einer Rente Ihre Wohnung oder ihr kleines Einfamilienhaus unterhalten.

In verschiedenen Gremien wie Stadtwerkstatt oder runden Tischen haben wir immer wieder betont, dass gerade auch der bezahlbare Wohnraum für Senioren zur Verfügung gestellt werden muss. Aber was nützt eine moderate Miete, wenn die Nebenkosten zur 2. Miete mutieren???

Am Beispiel meiner Familie möchte ich Ihnen darstellen, was diese Steuererhöhung in gerundeten Beträgen per anno bedeutet:

Bei unseren Söhnen:

die junge Familie Mehrkosten 140.—€

der Single Haushalt Mehrkosten 80.–€

Meine Mutter verwitwet Mehrkosten 110.–€

Unser eigener Haushalt 130.—€

Da stellt sich die Frage, wie lange man sich das Wohnen hier noch erlauben kann?

Auch die Erhöhung der Gewerbesteuer werden Sie heute beschließen.

Natürlich kann man sagen, was interessiert uns z.B. das unmittelbar angrenzende niedersächsische Umfeld?

Die Entwicklung in unseren Gewerbegebieten zeigt doch, dass die Steuersätze für die Unternehmen nur nachrangig betrachtet werden.

Ja, vielleicht ist das momentan so. Aber sollte die wirtschaftliche Lage eine andere werden, auch bedingt durch einen Zinsanstieg am Kapitalmarkt, dann werden sicherlich Faktoren wie Steuersätze oder der Vorteil von 2 Arbeitstagen mehr im Jahr bei Standortentscheidungen in den Focus rücken .

Sie, sehr geehrte Kollegen von der rot-grünen Mehrheitsfraktion, haben immer wieder betont, dass Sie sich der Verantwortung für diese Stadt stellen.

Wir die Freien Demokraten tun das auch.

Allerdings ist unser Verständnis diesbezüglich ein etwas Anderes.

Wir sind der Ansicht, dass man nur das ausgeben kann, was man auch einnimmt –

und das ist, weiß Gott in Anbetracht unserer Steuereinnahmen nicht wenig.

Also sollte man mit diesen Einnahmen analog der viel gepriesenen schwäbischen oder der ostwestfälischen Hausfrau auch auskommen.

Da sie aber bisher nicht daran interessiert waren, irgendwelche insbesondere von mir an dieser Stelle immer wieder angebotene interfraktionellen Gespräche anzunehmen, gehen wir davon aus, dass sie auch allein die immense Erhöhung der Steuern vertreten werden. Dieses haben Sie bereits am 30.10. vollmundig in der Presse verkündet.

Da aus unserer Sicht eine geringere Anhebung notwendig gewesen wäre,

und dieses zweifelsohne auch durch Ausgabensenkungen zu kompensieren ist, lehnt die FDP Fraktion den Haushalt 2016 ab.

Dem Kämmerer mit seinem Team und auch Ihnen Herrn Bürgermeister gilt unser Dank für die konsequente Einbringung und Darstellung des Haushaltes 2016.

Ich danke Ihnen, dass Sie mir trotz meiner kritischen Worte zugehört haben.